Wir treffen mit den ersten Kindern in der Schule ein. Sie lachen, vergnügen sich im Freien, suchen sich ein Spielzeug im grossen Raum oder holen sich ein Buch. Es ist die Auffangzeit, bis auch die letzten mit dem Schulbus eingetroffen sind.In dieser Woche beschäftigen sich alle Schülerinnen und Schüler mit dem kommenden Opferfest. Es ist das höchste islamische Fest und wird zum Gedenken an Ibrahim (Abraham) und seines Sohnes Ismael (Isaak) im ganzen muslimischen Raum gefeiert.
Von: Heinz und Ursula Fischer
Bald verteilen sich die Kinder und Lehrpersonen in die verschiedenen Räume: Die Erst- und Zweitklässler schieben im grössten Schulzimmer alle Tische für den Kunstunterricht zusammen. Sie erhalten Schafwolle, farbiges Papier, weisse Stifte, Scheren und Leim. Eifrig beginnen alle an ihrem Bild – einem Schaf auf einer Wiese mit Blumen – zu arbeiten.
Auch den Dritt- und Viertklässlern wird die Geschichte von der Opferung des Lamms erzählt. Sie hören aufmerksam zu und sprechen über das Gehörte.
Die ältesten Schüler und Schülerinnen arbeiten zuerst an ihren individuellen Wochenplänen. Sie tragen ein, was sie heute erledigen wollen und beginnen mit der Aufgabe, die ihnen im Moment am besten zusagt. Es herrscht eine eifrige Ruhe und eine hohe Konzentration in den freundlich gestalteten Räumen. Bouchra, die Lehrerin dieser Gruppe, hilft in ruhigem Ton überall dort, wo sie gebraucht wird.
Nach einer halben Stunde bittet die Lehrerin die Kinder zur Besprechung der weiteren Aufgabestellungen und der Vorbereitungen für das Opferfest in den Kreis. Sie planen ein kleines Theaterstück – viele Hände schiessen in die Höhe, jeder will mitspielen. Zusammen mit der mittleren Gruppe werden sie nach der Pause einen Filmausschnitt anschauen.
Aber zuerst freuen sich alle auf die grosse Pause. Auf mehreren Tischen steht der Z’Nüni bereit. Das Fladenbrot wird jeden Tag von einer anderen Familie gebacken, die Brombeerkonfitüre und das Apfelmus haben die Fünftklässler in der Schulküche selber hergestellt. Zum Trinken gibt es feinen süssen Pfefferminztee.
Und nun verteilen sich die Kinder zum Spielen: mit dem geschenkten Fussball geht es auf die freie Fläche neben dem Schulhaus, einige stürmen die neue Wippe, andere flitzen mit den Trottinetts über den steinigen Schulhof, einige Mädchen spielen Karten am Gartentisch oder testen den neuen Nagellack.
Nach dieser Pause voller Bewegung und Spielfreude geht es zurück ins Schulhaus. Die beiden grösseren Gruppen rücken auf ihren selbst bemalten Hockern eng zusammen und erwarten gespannt den Filmausschnitt über Ibrahim und Ismael.
Obwohl wir nichts verstehen in der nachfolgenden in Arabisch geführten Diskussion, beeindruckt uns die Lebendigkeit, die Begeisterung und auch die Ausdauer der Kinder und der Lehrpersonen. Latifa, die Lehrerin, übersetzt uns einen Teil und erklärt, dass sie den Kindern vermitteln, dass diese Geschichte sowohl im Islam, im Judentum wie auch im Alten Testament eine grosse Rolle spielt. Der junge Lehrer Mohammed liest die Geschichte vor, damit die Schüler und Schülerinnen sie nach einer kurzen Besprechung selbständig in ihren Heften aufschreiben können.
Beeindruckt von einem lebendigen, intensiven und interessanten Vormittag verabschieden wir uns am Mittag von den fröhlichen Kindern und drücken den Lehrpersonen unseren aufrichtigen Dank und unseren Respekt gegenüber ihrer engagierten Arbeit aus.